Die 60 haste jetzt überschritten und schaust jeden Morgen in den Spiegel in deine eigenen Augen und fragst, echt jetzt? War´s das? Nein. Bitte noch lange nicht. Nur, irgendwie sagt dir die Gesellschaft schweigend, hör mal, lass es, du bist uns zu alt. Eine kleine und kurze innere Einkehr sagt, n e i n, warum denn? Ein Abgleich meines Seins, meines Könnens und vor allem meines Wollens sprechen vereint eine ganz andere Sprache als die, mit der "die Gesellschaft" zu mir spricht. Und vor allem sagen mir meine eigenen Augen, nee, Babe, lass dir nichts einreden.
Wie schreibt frau ein neues Narrativ über Frauen, die zwar nun gesellschaftlich als "alt" bzw. als "Seniorin" gelten, aber sich selbst mitnichten und noch lange nicht so sehen und schon gar nicht so fühlen und auch nicht sind? Den Rollator hebe ich mir auf, wenn ich 80 werde. Täglich laufe ich mindestens meine 10000 Schritte, lese, schreibe, diskutiere, bilde mich weiter, bin fit und gesund... aber das sind bereits die ersten primitiven Rechtfertigungen, um eben nicht als "ach, Sie sind ja schon 60!" hören zu müssen.
Ich will unbedingt ein aktiver Teil der, dieser Gesellschaft sein und mit all dem, was mich ausmacht, wer ich bin, was mich geprägt und was mich weiter gebracht hat, was mich hat stagnieren lassen, was mich beinahe zerstört und es doch nicht geschafft hat, mit meiner extrovertierten und doch sich immer wieder zurück ziehenden Art, mit meinem fundierten Wissen, mit meiner Bildung, mit meinem ganzen Wesen - ja, das will ich unbedingt, nicht bedingt und nicht vielleicht- sondern vollends mit einem: Ich will.
Als eine experimentierfreudige, gerne immer wieder neue Wege einschlagende Frau gehöre ich durchaus zu den sehr wenigen Spezies, die sich unbedarft ins Unbekannte stürzt, sich zu neuen beruflichen Ufern aufmacht und an Land das Neue zu erobern versucht. Das ist mir bisher immer gelungen, aber nun kommt oft noch nicht mal mehr die Bestätigung des Eingangs meiner Bewerbung.
Ja, was nun? Wie gehe ich damit um und wie schaffe ich es, meine Existenzangst nicht Herr meiner Sinne werden zu lassen? Es gibt links und rechts, über und unter mir kein Auffangbecken, keine Pufferzone, keinen finanziellen Speckgürtel, das mich gelassen in die Zukunft schauen lässt. Es gibt aber in mir eine tief sitzende Selbstsicherheit, ein merkwürdig tiefes Vertrauen in mir selbst und trotz aller gerade nicht so guten Aussichten, auch ein tiefes Vertrauen in meine Zukunft. Sehr nebulös bzw es fühlt sich nicht gefährdend an. Oder ich will die eventuelle Gefährdung meiner Existenz nicht wahrnehmen wollen. Nein, so fühlt es nicht an.
Also, erneut die Frage, was nun? Wie kann es weiter gehen, wie komme mit meinem Knowhow wieder ins Berufsleben zurück? Die 60jährige zertifizierte Social Media Content Creatorin mit einer fundierten Berufserfahrung will die Arbeitswelt scheinbar nicht haben (und ich bewerbe mich durchaus auf realistische Stellen). Das ist ein Metier mit dem Narrativ, das nur jungen Leuten vorbehalten ist. Frauen ü60 brauchen ja inzwischen eine überdimensionale Tastatur, wissen nicht, wie man Reels produziert und schon gar nicht was SEO bedeutet, sind kurz-grauhaarig und eher androgyn, kleiden sich funktional und freuen sich auf eventuelle Enkelkinder - das bestehende Narrativ über die ü60igJährigen. Nein, ich fahre übrigens auch kein E-Bike. Und ja, meine Fingernägel sind herrlich rot lackiert und ich liebe Make-Up.
Die Gesellschaft schreibt mir vor, dass ich noch mindestens 7 Jahre arbeiten muss, bis ich in mein offizielles Rentenalter eintreten darf. Ja, bitte! Dem beuge ich mich vollends, denn: Ich arbeite unglaublich gerne, jedoch mit einem ganz entscheidendem Vorbehalt: In meinem Metier, in meinem Bereich, den ich selbst definieren möchte. Da! Da haben wir den Kasus Knaktus. Ich will das auch noch selbst bestimmen ...tssss. Nein, ich möchte keine Altenbetreuerin werden, nein! ich will auch nicht Lebensbegleiterin für Bedürftige werden, nein, ich will das nicht, weil ich das nicht bin. Ich bin Social Media affin und erfahren, fotografiere und schreibe, kann Stories erstellen, Reels kreieren, neue Perspektiven entstehen lassen und bin vor allem eins: Am konstruktiven und durchaus auch kontroversen Miteinander interessiert. Stark interessiert. Ja, ich habe eine klare Stimme, eine deutliche Meinung- nicht sehr weiblich, ich weiß. Mit einem Weibchen kann und werde ich nicht dienen (können).
Und wieder steht da die immer noch nicht beantwortete Frage: Was nun? Quo vadis? Wo soll und kann es für mich beruflich weitergehen? Liebevolle Ratschläge und Tipps aus dem Freundes- und Bekanntenkreis bringen mich leider nicht weiter, weil ich mit meinem ganzen Wesen sehr untypisch und mitnichten konventionell bin. Während ich diesen Blog schreibe, sitze ich nicht brav in meiner Zwei-Zimmer-Wohnung, sondern in meinem selbst ausgebauten Van, während mein Hund mich aus seinen schläfrigen Augen genau beobachtet und ich dem Regen, der aufs Dach prasselt, zuhöre.
Frauen meines Kalibers sind eine besondere Variante der mitteleuropäischen menschlichen Art. Vielen gesellschaftliche Anforderungen haben wir uns stellen müssen und diese auch teilweise bravourös überstanden. Aus einem nicht behütetem Elternhaus mit einem schweren Konglomerat an Dysfunktionalem kommend, hinausgehend in die studierende Bildung, ins konventionell-klassische Rollenbild einer Mutter stürzend und sich aus den Trümmern des toxischen Endes der Ehe herausschälend, wieder einem Narzissten aufgesessen und doch das Ruder um 180° herumreißen könnend, das Berufsleben ganz neu gestaltend und sich den Herausforderungen stellend und ohja, auch diese meisterlich bestanden.
Zu viel Opferdasein? Zu viel Gejammere? Aber nein. Benennend, was war und nach vorne blickend, was sein wird und sein kann. Und aufzeigend, hej Leute, ja, da sind ein paar Lebensnarben auf meiner Haut/Psyche, aber ich habe es geschafft, immer noch eine coole Socke zu sein und zu bleiben.
Habe ich die eingangs gestellte Frage damit beantworten können? Nein, bisher habe ich nur mich zu rechtfertigen versucht und zudem mir selbst einen Weg ins Berufsleben zurück zu bahnen.
Also, erneut, was nun? Antwort: Ich weiß es nicht. Noch nicht.
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You´re over 60 now, and every morning you look in the mirror and ask yourself, "Really? Is that it?" No. Please, not by a long shot. But somehow society is silenty telling you, listen! stop it!, you´re too old for us. A brief, deep inner reflection says, no, why?! A comparison of my being, my abilities, and above all, my willingness to speak unites a completely different language than the one "society" speaks to me with. And above all, my own eyes tell me, no, babe, don't let anyone talk you into anything.
How do you write a new narrative about women who, while now socially considered "old" or "senior," don't see themselves that way, and certainly don't feel that way, and aren't actually that way? I'll save my walker for when I turn 80. I walk at least 10,000 steps a day, read, write, discuss, educate myself, and am fit and healthy... but those are already the first primitive justifications for not having to hear "oh, you're already 60!"
I absolutely want to be an active part of this society and with everything that defines me, who I am, what shaped me and what has helped me progress, what has made me stagnate, what almost destroyed me and yet didn't make it, with my extroverted yet constantly withdrawn nature, with my in-depth knowledge, with my education, with my whole being - yes, I absolutely want that, not conditionally and not maybe - but completely with one: I want.
As a woman who loves to experiment and always tries new things, I'm definitely one of those rare breeds who naively plunges into the unknown, sets out for new professional shores, and tries to conquer new territory on land. I've always succeeded in doing this, but now I often don't even receive confirmation that my application has been received. So, what now? How do I deal with it and how do I manage not to let my existential fear take control of my senses? There is no safety net to the left or right, above or below me, no buffer zone, no financial comfort zone that allows me to face the future calmly. But there is a deep-seated self-confidence within me, a strangely deep trust in myself and, despite all the not-so-good prospects at the moment, also a deep trust in my future. Very nebulous, or rather, it doesn't feel threatening. Or I don't want to acknowledge the possible threat to my existence. No, that's not how it feels.
So, the question again: What now? What can I do? How can I return to work with my expertise? The 60-year-old certified social media content creator with extensive professional experience apparently doesn't want to enter the world of work (and I'm certainly applying for realistic positions). This is a profession with a narrative reserved only for young people. Women over 60 now need an oversized keyboard, don't know how to produce reels, let alone what SEO means. They have short, gray hair and are rather androgynous, dress functionally, and look forward to potentially having grandchildren—the prevailing narrative about people over 60. No, by the way, I don't ride an e-bike either. And yes, my fingernails are painted a gorgeous red, and I love makeup.
Society dictates that I have to work for at least another seven years before I can officially reach retirement age. Yes, please! I submit to that completely, because I love working incredibly much, but with one crucial reservation: in my profession, in my field, which I want to define myself. There! There we have it. I want to determine that myself...tssss. No, I don't want to be a carer for the elderly, no! I don't want to be a life companion for the needy either, no, I don't want that, because that's not who I am. I am social media savvy and experienced, I take photos and write, I can create stories, reels, and generate new perspectives, and above all I am interested in one thing: constructive and, indeed, controversial interaction. Very interested.
Yes, I have a clear voice, a clear opinion - not very feminine, I know. I cannot and will not serve with a female. And again, the still-unanswered question remains: What now? Quo vadis? Where should and can I go professionally? Unfortunately, loving advice and tips from friends and acquaintances are of no use to me, because my entire personality is very atypical and far from conventional. As I write this blog, I'm not sitting quietly in my two-bedroom apartment, but in my self-converted van, while my dog watches me closely with his sleepy eyes and I listen to the rain pattering on the roof.
Women of my caliber are a special variant of the Central European human species. We've had to face many social challenges, some of which we've overcome with flying colors. Coming from a sheltered home with a heavy conglomeration of dysfunction, embarking on university education, plunging into the conventional, classic role model of a mother and extricating ourselves from the ruins of a toxic marriage breakup, falling victim to another narcissist yet still managing to turn things around, completely redesigning our professional lives and facing the challenges—and, oh yes, mastering them too. Too much victimhood? Too much whining? But no. Naming what was and looking forward to what will be and what can be. And pointing out, hey guys, yes, there are a few life scars on my skin/psyche, but I've managed to still be and remain a cool sod.
Have I answered the question posed at the beginning? No, so far I've only been trying to justify myself and pave my way back into working life. So, again, what now? Answer: I don't know. Not yet.
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