Telefonieren - Eine bissige Kolumne

Ein Wunderwerk sind unsere mobile phones - gar keine Frage. Ich kenne niemanden, der kein Smartphone, I-Phone oder simpel gesagt Handy besitzt. Es geht mir nicht um die fantastischen Möglichkeiten dieser kleinen Maschinen, auch nicht darum, wie sehr und lange wir unsere Nasen darein stecken. Auch geht es mir nicht darum, dass wir von diesen kleinen Ablenkern uns oft vom eigentlichen Wahrnehmen abhalten lassen.

 

Nein, mir geht es um den ursprünglichen und eigentlichen Sinn der Phones, nämlich das Telefonieren. Hand aufs Herz: Wie telefonierst Du wirklich? Ist es eine bewusste Entscheidung, dass Du Dir jetzt die Zeit für den Angerufenen nehmen wirst? Oder ist eine dieser, der häufigen Varianten:

 

"Hi, ich bin´s."

"Ja, hallo."

"Du, ich bin gerade im Auto und auf dem Weg zur Arbeit."

"Fein."

"Sag mal, wie ist es eigentlich gerade mit Deinem Kollegen? Habt Ihr Euch für das Projekt entschieden?"

"Ähm, doch, schon. Warum fragst Du?"

"Naja, ich dachte gerade daran und wollte kurz nachgefragt haben. Wie weit seid Ihr denn?"

"Tja, es ist so, dass wir noch in den Überlegungen sind wie..."

"Oh scheeiiiiße, hau ab!, fahr weiter du Idiot!... sorry, was meintest Du gerade? Der Typ vor mir hat einfach gebremst. So ein Arsch. Man! Sorry, sag nochmal.... Du meintest.."

"Wir können auch ein anderes Mal telefonieren, wenn es etwas..."

"Nee, wir telefonieren jetzt weiter. Also Ihr seid wie weit? Ich kann mir gut vorstellen, dass Ihr noch einiges konkreter darstellen solltet. Oder?"

"Was meinst Du damit? Konkreter darstellen? Das Projekt ist fertig. Wir sind..."

"Achso, es ist schon fertig. Ich dachte, Ihr seid noch in den Überlegungen?"

"Ja, genau. In den Überlegun..."

"Sorry, ich bin jetzt gerade angekommen und muss mir einen Parkplatz suchen. Ich rufe Dich nachher nochmal an, okay?"

"Ja, ist gut."

"Bis dann, tschüüüs!"

 

Aufgelegt.

 

Du hälst Dein Handy in der Hand, starrst drauf und fragst Dich, was war das denn jetzt? Oder? Ich kenne diese Art des angerufen Werdens in x-Varianten. Und bin inzwischen so allergisch, dass ich nicht genau weiß, wie ich meine Ablehnung gegen diese Form der Kommunikation darstellen, äußern oder mitteilen soll. Du wirst zwischen zwei Ereignissen des anderen gepresst, hast in dieser Zeit schnell und konkret so zu funktionieren, wie der Anrufende es von Dir erwartet. Stimmt´s?

Und Du fragst Dich, worum geht es denn hier? Im Beispiel oben um.. tja, was eigentlich? Es ist ein sinnloses Unterfangen mit dem Gefühl gerade benutzt worden zu sein. Benutzt, damit der andere seine eigene innere Leere nicht ertragen muss? Das wäre jetzt meine böse Interpretation. Ich lehne inzwischen diese Art der Telefonate ab und gehe nicht mehr ran, wenn es klingelt. 

Natürlich sind der Varianten des Telefonierens so vielfältig und mannigfaltig wie die Anzahl der Menschen und Typen selbst. Ich mache aber zunehmend die Beobachtung, dass die Aufmerksamkeitsspanne und das wirklich konzentrierte Zuhören sich der Dauer eines Reels angepasst hat. Wir hören einander gerade mal 1-2 Minuten zu einem Thema zu und dann wollen wir weiter scrollen. Nur geht das Weiterscrollen im Telefonat nicht, weil ich es am Ende der anderen Leitung mit einem real existierendem Menschen zu tun habe. Das gerade laufende Telefonat ist kein Reel, sondern eine interaktive Kommunikation. Sollte es zumindest sein.

Natürlich liebe ich das Telefonieren. Eine wunderbare Art sich auszutauschen, mitzuteilen und lange miteinander zu reden, quatschen, lachen und auch gemeinsam weinen. Schwierig wird es, wenn Differenzen ausgetragen werden müssen- aber das ist ein anderes Feld. Gilt auch zu bearbeiten. Aber nicht jetzt.

Ich persönlich plädiere also für die Form des Telefonierens, dass es um das Hinhören geht, die Stimme und die Stimmung des anderen genau hören, erkennen und wahrnehmen. Achtsam und hinhörend eben. Und dafür braucht es Zeit, keinen Zeitdruck.

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